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In seinem 1921 veröffentlichten Roman Möppi - Memoiren eines Hundes porträtierte Uzarski das Düsseldorf der Nachkriegszeit mit scharfer Feder und stirischem Blick. Es ist das bekannteste Werk des "Düsseldorfer Zille".

"Über den Graf-Adolf-Platz erreichen wir die Graf-Adolf-Straße. Die Graf-Adolf-Straße bietet alles das, was man in der Königsallee haben kann, zu herabgesetzten Preisen an. Statt Henny Porten: Fern Andra, statt Ölgemälde: polychromierte Heilige, statt Bücher in Pappdeckel und Schweinsleder: Courths-Maler und Borngräber, statt „Düsseldorfer Nachrichten“ die „Düsseldorfer Zeitung“, statt Kastanienbäume: Pferdeäpfel, statt Stadtgraben: Gossenwasser, und statt Damen aus der Kaiser-Wilhelm- und Rethelstraße solche aus der Neustraße.

Jenes merkwürdige Gebäude in der Art zu Stein gewordener Mainzer Käschen und mit dem Eingang wie zu einem Bierkeller ist die Handelskammer, für Nicht-Düsseldorfer kurz und großartig „Düsseldorfer Börse“ genannt.

Am Ende der Graf-Adolf-Straße liegt der Hauptbahnhof. Es ist ein schönes Gebäude und sieht aus wie eine verunglückte Markthalle. Es ist der Treff- und Sammelpunkt der Düsseldorfer Großkaufleute, kurz „Schieberbörse“ genannt, und wird auch gerne als Schuttabladestelle gebraucht. Von hier aus gingen seinerzeit zwei Regimenter unserer braven Reichswehr gegen dreieinhalb Spartakisten vor, wobei sie versehentlich den Stadtteil Oberbilk zusammenschossen. Von hier aus kann man nach Berlin, Hamburg, München, Köln und Unterrath fahren, und wenn die Regierung sie zu bauen erlaubt hätte, könnte man von hier aus sogar, zum Ärger der Kölner, die Schnellbahn Düsseldorf-Dortmund benutzen. Rund um den Bahnhofsvorplatz hat man vor 20 Jahren die großen Hotels gebaut, gleichsam die Visitenkarte der Kunst- und Gartenstadt, in denen der erstaunte Reisende sich von den Strapazen eines Düsseldorfer Besuches für gutes Geld pflegen lassen und erholen kann.

Am Worringerplatz, mit einem Bedürfnishäuschen aus einem grünen und einem Wartehäuschen aus gelben Blendsteinen, vorbei, ersteres mit einer Wasserstandsuhr, letzteres mit einer Normaluhr geschmückt, über die Grafenberger Brücke, mit dem Blick auf den Derendorfer Bahnhof in Gestalt einer hölzernen Notkirche, kommen wir zur Rethelstraße. In der Rethelstraße liegen das Goethe-Gymnasium, in welchem jungen Herren die Geheimnisse der Wissenschaft, und der Salon der Madame Pohlmann, in welchem jungen Damen die Geheimnisse der Liebe beigebracht werden.

Und zuletzt noch: Der Jägerhof, ein hübsches, altes Barockschlößchen mit einem modernen Gitter. Früher sah es noch besser aus, als das Gitter noch nicht da war und die geschweiften Seitenflügel links und rechts noch standen. Leider hat man vor einigen Jahren diese beiden Seitenflügel – wie bei allem, was in Düsseldorf Flügel hat, abgerissen."

aus:
Adolf Uzarski, Möppi - Memoiren eines Hundes, Verlag der Goethe-Buchhandlung, Düsseldorf 1986, S.144 f.