zurück

In seiner Erzählung Immermanns Tafelrunde beschreibt Klas Ewert Wverwyn die Kunst- und Kulturszene in Düsseldorf um 1834: Karl Leberecht Immermann bringt frischen Wind in das Theaterleben, Felix Mendelssohn Bartholdy dirigiert große Konzerte, die Kunstakademie erfährt unter Wilhelm von Schadow eine Blütezeit, Christian Dietrich Grabbe versucht erfolglos, sich am Theater zu etablieren und gehört zusammen mit dem Komponist Norbert Burgmüller zu den Stammgästen des Weinlokals Drachenfels.


Wie sich erwiesen hatte, fand sich Grabbe hiererorts noch nicht zurecht. Wenn er sein bescheidenens Gästezimmer in der Ritterstraße verließ, um ein fremdes Ziel anzusteuern, musste ihn die Zimmermagd begleiten. Und nun gar hinaus hinter die Stadttore bis auf Derendorf, würde ihn der Weg vermutlich verwirren und fehlleiten. Also hatte sich Immermann entschlossen, der Gräfin Bettstatt frühzeitig zu verlassen, die dort empfangenen nächtlichen Liebkosungen in Eile zu vergessen und sich auf den Fußweg zum Ratinger Tor zu begeben, wohinter auch sogleich die wirkliche Stadt begann, wenn man die Große Mühle passiert hatte.

Auf dem Collenbach-Hof hantierte die Mamsell in der Küche, draußen bei der Scheune der Knecht, der die Holzscheite zerschlug. Es duftete bereits köstlich nach dem Hirschbraten und dem Rotkohl, den die Mamsell zubereitete. Der Gräfin wollte das Ambiente gefallen und sollte bei dem neuen Gast einen vorzüglichen Eindruck hervorrufen. Zwar hatte Immermann ihr den Grabbe beschrieben, ein ungehobelter Klotz aus dem Lippischen sei er; doch immerhin sollte er ein bedeutender Dichter sein, sich zumindest auf dem Weg dorthin befinden. Noch sei er ein junger Dramenschreiber, hatte ihr geliebter Carl erwähnt, den er nach Düsseldorf gelockt habe, damit er für seine Wunderbühne Stücke erfinde, die ihm ins Programm passen mochten. (...)

Es herrschte winterlicher Westwind, der vom Rhein her bis nach Derendorf wehte. Daher vernahm die Gräfin schließlich auch die Glocken von Sankt Lambertus aus der Stadt herüber schallen und die Mittagszeit ankündigen. Ansonsten schien der Collenbach-Hof von hier aus betrachtet weit entfernt von der Stadt zu sein. Einen Reiter sah sie durch den nahen Hofgarten reiten, unter den Pferdehufen stäubte der Schnee auf.

Klas Ewert Everwyn, Immermanns Tafelrunde, Edition XIM Virgines, Düsseldorf 2011, S.58 f.